Mit einer Bewertung von 19,7 Milliarden Dollar (rund 16,5 Mrd Euro) ist es die zweitgrößte Übernahme des Software-Riesen nach dem Kauf des Karriere-Netzwerks LinkedIn. Durch die Übernahme wird Microsoft über die weit verbreiteten medizinischen Diktier- und Transkriptionstools von Nuance tiefer in Krankenhäuser und die Gesundheitsbranche eindringen.
Nuance bietet verbraucher-, unternehmens- und branchenspezifische Speech-to-Text-Software an, um menschlich gesprochene Worte in ein maschinenlesbares Format umzuwandeln. Das Unternehmen verfügt auch über Produkte im Bereich der intelligenten Assistenten. Auf dem Verbrauchermarkt haben Produkte wie Amazon Alexa, Google Home und Apples Siri es den Menschen ermöglicht, mit Geräten zu sprechen und ihre Fragen über Text-to-Speech wiedergegeben zu bekommen. Microsofts eigenes Angebot, Cortana, ist zwar in Windows 10 integriert, wird aber von Branchenbeobachtern als weniger erfolgreich angesehen als die etablierteren Rivalen.
20 Milliarden Dollar! Lohnt sich das?
Ja, denn diese Investition in das Gesundheitswesen lohnt sich bereits seit Jahren für andere Big Player: IBM leistet seit vielen Jahren mit künstlicher Intelligenz Pionierarbeit. Auch Google baut seine Präsenz im Gesundheitswesen stetig aus, etwa durch die Nightingale-Partnerschaft mit Ascension, einem der größten privaten Gesundheitsanbieter in den USA.
Mit der steten Aufhebung der Covid-19-Maßnahmen sieht insbesondere die IT-Branche eine große Chance, die Vorzüge der Digitalisierung voranzutreiben. Die Transkription menschlicher Sprache aus Kundengesprächen, die in einem Callcenter etwa zwischen einem Arzt und einem Patienten oder zwischen einem Finanzberater und einem Kunden stattfinden, stellt eine noch – oftmals ungenutzte – Chance für die digitale Transformation dar.
Gemeinsam mit unseren Partnern werden wir fortschrittliche KI-Lösungen in die Hände von Fachleuten geben, um bessere Entscheidungen zu treffen und eine sinnvollere menschliche Verbindung zu schaffen. KI ist die wichtigste Priorität der Technologie und das Gesundheitswesen ist ihre wichtigste Anwendung.
Microsoft-CEO Satya Nadella
Microsoft positioniert Nuance als Anbieter von künstlicher Intelligenz an der Schnittstelle – in diesem Fall am Point of Delivery, wenn ein Patient von einem Arzt beraten wird.
In der Vergangenheit hat Microsoft versucht, mit Cortana seine eigene Sprach-KI zu entwickeln. Bisher ist es Microsoft jedoch nicht gelungen, den Erfolg von Amazon, Google und Apple im Consumer-Bereich und IBM im Enterprise-Bereich zu replizieren und direkt mit ihnen zu konkurrieren.
Die Herausforderung
Intelligente Assistenten sind in eine neue Phase der Akzeptanz eingetreten, da Tausende von Unternehmen Chatbots, Voicebots oder virtuelle Agenten einsetzen, um das Kundenerlebnis und die Mitarbeiterproduktivität zu verbessern.
Dan Miller, leitender Analyst bei Opus Research
Die Herausforderung wird nun darin bestehen, die intelligenten Assistenten leistungsfähig, skalierbar und kanalübergreifend zu machen.
Hier punktet Nuance mit Lösungen, die eine flexible, anpassbare und offene Plattform umfassen, kombiniert mit Services, die es Unternehmen ermöglichen, einen Mix aus KI und Live-Agenten einzusetzen.
Während der Investoren-Telefonkonferenz beschrieb Scott Guthrie, Executive Vice-President of Cloud and AI bei Microsoft, wie Nuance für den Einsatz von Ambient Clinical Intelligence, integriert in Microsoft Teams, genutzt werden kann. Als Beispiel beschrieb er, wie die Sprachnotizen eines Radiologen zu einem medizinischen Scan neben der Bildanalyse des Scans erfasst und analysiert werden könnten.
Nicholas McQuire, Chief of Enterprise Research bei CCS Insight, sagte, dass der strukturelle Wandel, der durch die Corona-Pandemie ausgelöst wurde, bedeutet, dass Unternehmen auf der ganzen Linie mehr von den Cloud-Giganten verlangen, insbesondere wenn es um Domänenexpertise und Branchenlösungen geht. Dies hat letztlich Microsoft mit der Einführung der Microsoft Cloud for Healthcare in Zugzwang gebracht.
Nuance liefert Microsoft ein reifes Set an KI-Lösungen in Bereichen wie Spracherkennung, Dokumentenverarbeitung, Betrugserkennung und Bilderkennung.
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