Mit dem Jahr 2020 sollte ein aufregendes, vielversprechendes neues Jahrzehnt beginnen, stattdessen glänzt es bisher nicht gerade mit positiven Vibes.
Dank Corona sind Verschwörungstheorien, Prominente, die sich für aufgeklärter halten als studierte Virologen und die Spaltung der Gesellschaft zur neuen Weltordnung geworden. Negative Nachrichten prasselten schon vorher jeden Tag auf uns ein, derzeit erfährt dies aber eine gefühlte Steigerung um 1000%! Dennoch gibt es auch positive Effekte: das Thema Homeoffice findet nun deutlich mehr Beachtung und wird vorangetrieben. Ist doch super! Oder nicht?
Kinder, holt euch einen Kaffee oder ein Äquivalent eurer Wahl, lehnt euch zurück und genießt meine Achterbahnfahrt im Homeoffice aka wie ich an jedem Ort meiner Wohnung arbeitete, um Abwechslung zu finden.
(Aus Gründen der Lesbarkeit wurde im Text die männliche Form gewählt, nichtsdestoweniger beziehen sich die Angaben auf Angehörige beider Geschlechter.)
A good start: Motivation pur
Von zu Hause aus zu arbeiten klingt wie der wahrgewordene Traum Privat- und Berufsleben noch besser unter einen Hut zu bekommen. Während man im virtuellen Meeting sitzt, läuft nebenbei eine Waschmaschine und das Mittagessen, dass wir nun jeden Tag frisch zubereiten können (und an das man genüsslich Knobi dran hauen darf, ohne auf die gerümpften Nasen der Kollegen Rücksicht nehmen zu müssen), steht bereits im Ofen. Was man sonst erst nach Feierabend schafft, integriert sich plötzlich in den neuen Berufsalltag. Mein Homeoffice, das ich nun schon seit März betreibe, startete in der Küche. Dort gab es aufgrund des großzügigen Küchentischs jede Menge Platz für mich, um mich auszubreiten. Trans4mation ermöglichte mir einen nahtlosen Umstieg: Dank Laptop, Headset und Microsoft Teams war ich ausgestattet mit allem, was ich für die remote Arbeit benötige. Mit frisch gekochtem Kaffee, dem T4M-Wandkalender im Rücken und meinem Mitbewohner gegenübersitzend, fühlte es sich ein bisschen an wie im Coworking Space. Hach, Büroatmosphäre kann ich also auch zu Hause! Top motiviert startete ich nun also in die neue Woche. Schon vor Corona war ich öfter im Homeoffice und wusste, dass ich deutlich mehr schaffe, wenn ich mir nebenbei keine Gedanken um Haushalt & Co. machen muss. Ich freute mich regelrecht darauf, nun erst einmal in Ruhe arbeiten zu können, ohne ständig von anderen unterbrochen zu werden.
Gut gelaunt und nach den ersten produktiven Stunden ging ich in die Raucherpause. So ganz allein auf dem Balkon stehend, kam dann doch die erste Ernüchterung: Die Raucherpausen auf Arbeit sind deutlich unterhaltsamer. Jetzt heißt es also erstmal nur meine Kippe und ich.
Zeit: Wie der Segen zum Fluch wird
Da ich deutlich schneller mit meiner Arbeit vorankomme und nun leider auch das Thema Kurzarbeit Einzug gehalten hat, habe ich plötzlich jede Menge Zeit.
Sie mit Freunden zu verbringen, ist aufgrund der aktuellen Lage nicht möglich – #socialdistancing.
Also werden alte Hobbies neu entdeckt: Ukulele spielen, nähen, Workouts mit Freunden via Videocall. Ist das jetzt unsere time to shine? Werden wir alle nach Corona als gestählte Saitenkünstler in DIY-Klamotten wieder in die Offices strömen? Wer weiß. Fest steht jedoch, dass viele Menschen die Zeit nutzen, um endlich all die Dinge (soweit möglich) zu erledigen, die im normalen Alltag nicht machbar waren, und um neue Erkenntnisse über sich selbst zu gewinnen. Denn Zeit zum Nachdenken hat man jede Menge. Doch was anfangs mit so viel Enthusiasmus einherging, wird nun zum Fluch: Zu viel Zeit drückt auf die Motivatiosbremse.
Die Wochen zogen ins Land. Tage gingen ineinander über. Zeitgefühl war nicht mehr vorhanden. Während draußen die Natur aufblühte und sich der Sommer schon anbahnte, verfiel ich in den Lagerkoller.
Das Thema Selbstmotivation und Disziplin müssen im Homeoffice großgeschrieben werden! Zuhause ist es doch zu einfach, sich ablenken zu lassen und lieber drei Folgen Sherlock auf Netflix am Stück zu schauen. Denn Zeit, etwas zu erledigen, hat man auch morgen noch. Oder nachts.
Mittlerweile bin ich von der Küche ins Bett umgezogen und zelebriere hier mein Homeoffice-Dasein. Das schlägt aber noch mehr aufs Gemüt, denn mein Bewegungsradius hat sich dadurch bedeutend eingegrenzt. Mein Schrittzähler zählt schon bis in den Minusbereich! Die fehlende Bewegung macht sich nicht nur im Rücken bemerkbar, sondern auch im Kopf. Sich so unproduktiv zu fühlen, ist schrecklich. Ich bin jemand, den solche Sachen wie das Abhaken von Punkten auf der To-Do-Liste und die Meldung, dass man mehr als 10.000 Schritte gelaufen ist, mit einem inneren Frieden erfüllen. Jetzt fühle ich mich eher wie Cruella de Vil in Jogginghosen.
Sich also immer wieder zu motivieren, auch ungeliebte Aufgaben anzugehen und im Homeoffice für ausreichend Bewegung zu sorgen ist ein Muss! Der Trott, in den man fällt, kann auf Dauer zu ernstzunehmenden psychischen Problemen führen.
Es müssen demnach auch im Homeoffice feste Strukturen her, sonst wird das nichts.
5 Tipps, für ein produktives Homeoffice
Um den Traum vom produktiven Homeoffice nicht platzen zu lassen, habe ich hier 5 selbst erprobte Tipps, die mir wieder Freude an der Zuhause-Arbeit gegeben haben:
Der Arbeitsplatz:
Es bringt nichts, in der Wohnung umherzuwandern und mal auf dem Sofa, mal am Küchentisch zu arbeiten. Die Abwechslung sorgt erst einmal für einen kleinen Motivationsschub, aber auf Dauer lässt man sich dann doch wieder nur von der Umgebung ablenken. Mittlerweile habe ich einen großen Schreibtisch, an dem ich arbeite. Ich brauche meinen festen Arbeitsplatz, an dem ich alles habe, was ich für meinen Job benötige. Dort kann ich mich auf meine Aufgaben konzentrieren und Ablenkung vermeiden. Mein Handy ist stummgeschalten und liegt mit dem Display nach unten auf dem Tisch. Sitze ich am Schreibtisch, klappt der Schalter im Hirn fast schon automatisch auf „Jetzt Arbeiten!“.
Feste Arbeitszeiten:
Mit festen Arbeitszeiten holt man sich etwas Normalität ins Haus. Meistens beginne ich gegen 10 Uhr. So habe ich vorher noch Zeit, mit dem Hund Gassi zu gehen oder etwas im Haushalt zu erledigen.
Anschließend habe ich meinen Arbeitsblocker, in dem es nur um den Job geht. Auch meine Mitbewohner wissen, wann ich arbeiten möchte und wann ich für eine Runde Kicker zu haben bin. Das schafft Strukturen.
Glanz und Gloria:
Jogginghosen sind bequem, keine Frage. Aber wie Karl Lagerfeld schon sagte: „Wer eine Jogginghose trägt, hat die Kontrolle über sein Leben verloren.“ Ganz so harsch sehe ich das nicht, aber auch mir fällt es schwer, mich zu motivieren, wenn ich den ganzen Tag nur im Gammellook rumlaufe. Also habe ich mir angewöhnt, mich auch im Homeoffice ordentlich anzuziehen und zurechtzumachen. So freuen sich nicht nur die Kollegen im Videocall, auch die Mitbewohner erschrecken sich nicht jedes Mal, wenn man als Vogelscheuche aus dem Zimmer tritt. Und rein psychologisch bringt es auch Vorteile: Man macht sich für den Job zurecht, also sollte man sich nun auch wirklich hinsetzen und durchziehen. Sonst wäre das alles umsonst gewesen.
Pausen:
Das Arbeiten von zu Hause verleitet oftmals dazu, keine regelmäßigen Pausen zu machen. Arbeit und Feierabend gehen fließend ineinander über, was einen nie wirklich abschalten lässt. Daher sind Pausen und ein Schlussstrich nach Feierabend Pflicht.
Zeitmanagement-Techniken wie bspw. Pomodoro helfen dabei Pausen zu integrieren. Hier wird sehr gut erklärt, wie diese funktioniert.
Kommunikation:
Ich oute mich: Ich bin kein großer Fan des Telefonierens. Aber den Kontakt zu den Kollegen nur via Mail und Chat aufrechtzuerhalten, fällt schwer. Daher habe ich doch öfter zum Headset gegriffen und einfach mal durchgeklingelt. Fragen lassen sich so viel schneller ohne Missverständnisse klären und es bleiben meistens auch ein paar Minuten, um sich über andere Themen zu unterhalten.
Hat das Homeoffice Potenzial?
In vielerlei Hinsicht ist das Homeoffice dem Arbeiten im Büro überlegen. Freie Zeiteinteilung, jeder in seinem Tempo, Ruhe. Gut, mit Kindern stelle ich mir das schon anstrengend vor, aber ich habe keine. Hund und Katze fanden es großartig, dass ich den ganzen Tag da war. Das sind nur wenige der zahlreichen Vorteile. Aber Homeoffice stößt auch an seine Grenzen. Meetings halte ich lieber persönlich ab und nicht via Videocall. Ich bin ein Mensch, ein soziales Wesen, ich brauche Kontakte. Ich muss meinem Gegenüber ins Gesicht schauen können – persönlich, nicht nur via Bildschirm. Auch der schnelle Plausch in der Raucherpause oder an der Kaffeemaschine lassen sich nicht ersetzen. Viele Ideen werden aus dem Small Talk heraus geboren. Das fehlt mir.
Ich habe das Homeoffice nach ein paar Dämpfern sehr zu schätzen gelernt, dennoch wurde mir klar, dass ich nicht ewig so weiterarbeiten möchte. Für die Zukunft wünsche ich mir daher eine hybride Lösung. Flexibles Arbeiten, egal ob man sich heute danach fühlt, dies im Büro, in den eigenen vier Wänden oder von einem anderen Ort aus zu tun. Jedem sollte es möglich sein, darüber entscheiden zu können. Dass der Umstieg doch schneller geht, als gedacht, haben die letzten Wochen und Monate gezeigt. Die große Herausforderung ist es nun, daran anzuknüpfen und nicht wieder in veraltete Muster zu verfallen. Wir müssen nicht alles in die digitale Welt tragen, aber die Möglichkeit, von überall aus der Welt arbeiten zu können, soll und muss es auch nach Corona geben.
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