Einst ambitioniert in der Schaffung einer universellen Computersprache für Zeichenaufgaben, inzwischen Branchenprimus und für weltweit 90% der professionellen Gestalter die einzig wahre Layout-, Grafik und Bildbearbeitungssoftware: Hinsichtlich des Funktionsumfangs und der Handhabbarkeit, vor allem aber auch in Sachen Workflow ist die Adobe Creative Suite bisweilen für Unternehmen, Freelancer und Kreative technologische Basis gemeinsamer Arbeit gewesen.

Seitdem Adobe allerdings auf die Kaufversion CS6 die Mietsoftware Creative Cloud hat folgen lassen, steht der Branchengigant in der Kritik. Wo man bisher mit einer Lizenz, trotz des Erscheinens neuer Versionen und Updates, gut fünf Jahre auszukommen war, ist nun monatlich für die komplette Softwarepalette sowie für Aktualisierungen und ergänzende Clouddienste ein Betrag von bis zu 90 Euro fällig. Die Creative Cloud bietet Usern, neben über 20 Desktopapplikationen, zusätzliche Goodies wie einen Cloud-Speicherdienst und mobile Apps. Das Abomodell gewährleistet ständig neue Features, bietet einen umfangreichen Funktionsumfang und prompte Fehlerbehebung. Zweifellos ist es Adobe mit der Creative Cloud auch gelungen, der Software-Piraterie endgültig den Garaus zu machen, zeigte doch eine Studie aus dem Jahr 2007, dass mehr als die Hälfte aller Anwender das Bildbearbeitungsprogramm Photoshop illegal nutzten. Der Vorteile und des erst einmal geringen Investitionsvolumens zum Trotz, ist das „Software as a Service“-Prinzip unbeliebt. Zum einen ist dies in der Unüberschaubarkeit und Intransparenz der langfristigen Kosten (-schwankungen) begründet, zum anderen im fraglichen Innovationsstreben dank konstanter Umsatzsteigerung des Marktführers.

Die Bereitschaft, sich der Willkür zu entziehen und neue Territorien zu ergründen, wächst stetig und ist dabei nicht neu. QuarkXPress bot bereits vor 15 Jahren eine echte Alternative für professionelles Layouten, Gimp oder Pixelmator gelten als kraftvoller Kompromiss zu Photoshop, Sketch als Äquivalent zum Illustrator.  Im Jahr 2014 folgte der bislang aussichtsreichste Anwärter auf Konkurrenz im Grafiksoftwaremarkt: Affinity aus dem Hause Serif. Das 190 Mitarbeiter zählende Softwareunternehmen aus dem britischen Nottingham setzt dem amerikanischen Marktführer eine performance-starke und innovative Produktpalette entgegen, welche – und das ist neu – sowohl in puncto Funktionsumfang als auch hinsichtlich des Workflows keine Abstriche macht und außerdem ohne Abo nutzbar ist und auch bleiben soll. Mit dem Layoutprogramm PagePlus aus dem Jahr 1991, dem Zeichenprogramm DrawPlus drei Jahre später und dem seit 1999 veröffentlichten Bildbearbeitungsprogramm PhotoPlus greift Serif auf einen bedeutenden Erfahrungsschatz zurück, der sich in der Entwicklung der Affinity Suite zeigt. Das Versprechen, die Messlatte für kreative Designsoftware deutlich höher zu legen, weckt Interesse, der unschlagbare Preis von etwa 50 € pro Lizenz rechtfertigt eine genaue Betrachtung der tatsächlichen Fähigkeiten der Affinity Suite.

Der Affinity Designer ist das Gegenstück zum Adobe Illustrator, erste Veröffentlichung der Produktreihe und wurde im Jahr 2015 mit dem Apple Design Award prämiert. Auf den Designer folgte im selben Jahr Affinity Photo, 2016 der Release beider Programme für Windows. Geplant ist der Release des Affinity Publisher als Layout-Programm im Jahr 2018. Die Suite arbeitet präzise, aufwändig und schnell, speichert Daten im eigenen proprietären Dateiformat ab und kann selbst psd-Dateien exportieren, inklusive aller Vektoren, Ebenen und Schriften. Das Interface beider bisher veröffentlichter Apps erinnert an Adobe, ist durchdacht und aufgeräumt. Affinity Photo ermöglicht mittels sechs sogenannter Personas (Photo, Liquify, Develop, Tone-Mapping und Export) die Nutzung separater, übersichtlicher Arbeitsbereiche und ist so für wechselnde Profis ebenso wie für Amateure gleichermaßen geeignet. Der Affinity Designer bietet schnelle Performance, Genauigkeit, professionelle Farbverwaltung und hohe Qualität, wenngleich Adobe insbesondere bei den Feinheiten der High-end Bildbearbeitung noch deutlich präziser arbeiten lässt.

Gerade für nicht professionelle Gestalter und kleinere Agenturen ist die Creative Cloud weniger lohnenswert als die leichtfüßige, leistungsstarke und vor allem preisgünstige Alternative Affinity, aber auch professionelle Designer sollten ein waches Auge auf die rasante Entwicklung im Hause Serif haben.

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