Künstliche Intelligenz (KI) ist keine zukunftsferne Vision mehr, sondern längst Bestandteil unseres Alltags geworden. Doch wo wird Künstliche Intelligenz eingesetzt und wie werden diese Technologien unsere Arbeits- und Lebensweise verändern? In unserer neuen Serie rund um das Thema KI greifen wir diese Fragen zur Beantwortung auf. Im ersten Teil beschäftigen wir uns mit der Funktionsweise eines KI-Systems und zeigen Ihnen einige Beispiele, in denen solche Systeme im alltäglichen Leben bereits genutzt werden.
Die Funktionsweise von KI-Systemen
Künstliche Intelligenz (engl. Artificial Intelligence, AI) ist ein Teilgebiet der Informatik, welches sich mit der Nachbildung von menschlichem Verhalten befasst. Das Prinzip dahinter ist ein selbstlernendes System, das mithilfe von neuronalen Netzen Signale aus der Umwelt aufnehmen, verarbeiten und darauf basierend Entscheidungen treffen kann, die denen des menschlichen Gehirns ähnlich sind.
Um ein KI-System nutzen zu können, muss man dieses vorab mit Tausenden, besser noch Millionen von Beispieldaten trainieren. Diese Trainingsdaten zeigen dem System, wie eine Eingabe in ein Ergebnis transformiert werden soll. Die Entwickler einer KI-Lösung speichern hierfür eine Vielzahl an Daten ab, auf die die Applikation im Entscheidungsfall zurückgreifen kann. Dabei wird die aktuelle Situation mit den gespeicherten Daten verglichen und es wird berechnet, welches die richtige Reaktion ist. Mit jeder neuen bewältigten Situation speichert das Programm mehr Informationen ab und kann immer besser reagieren. Möchte man bspw. eine Bilderkennungssoftware entwickeln und stellt dieser die Aufgabe, auf Fotos eine Katze zu erkennen, präsentiert die Anwendung auf Grundlage der zuvor gespeicherten Informationen laufend ihre Ergebnisse. Diese müssen dann vom Entwickler als falsch oder richtig markiert werden. Im Zeitverlauf versteht die KI immer besser, welche Merkmale eine Katze aufweist und in welcher Weise diese sich von anderen Tieren, z. B. einem Hund, unterscheidet. Diese selbstlernende Technik wird auch als Deep Learning bezeichnet.
Der Vorteil eines solchen Systems ist dabei offensichtlich: Es lassen sich in weitaus kürzerer Zeit eine Vielzahl unterschiedlicher Daten erfassen, analysieren, kategorisieren und diverse Szenarien durchspielen, als dies ein Experte könnte. Die Kehrseite einer solchen Technik ist jedoch, dass ein System nur so gut ist, wie deren zugeführte Trainingsdaten. Werden darin z. B. diskriminierende Merkmale hinterlegt, übernimmt die KI diese Trainingsdaten ungefragt. 2016 wurde dies anhand des Microsoft-Chatbots Tay auf Twitter deutlich. Tay war darauf ausgelegt, aus der Interaktion mit anderen Twitter-Nutzern zu lernen und somit besser auf Nachrichten zu reagieren. Dies tat Tay auch, jedoch wurde sie innerhalb kürzester Zeit zu einem digitalen Hassbot, der rassistische und frauenfeindliche Tweets absetzte. Ein KI-Chatbot lernt nämlich nicht nur aus freundlichen Tweets, sondern nimmt auch ungefiltert hasserfüllte Nachrichten auf. Microsoft hatte wenige Stunden später Tay wieder vom Netz genommen und die Hasstweets gelöscht.
6 Beispiele für Künstliche Intelligenz im Alltag
Morgens nach dem Aufstehen von Alexa den Wetterbericht durchgeben lassen, per Face ID das eigene Smartphone entsperren, den Facebook-Feed checken und beim ersten Kaffee des Tages die aktuellen Musikcharts streamen. Hinter all dem stecken Systeme, die auf Künstlicher Intelligenz basieren. Für deren Nutzung genügt oft schon das Smartphone oder der Webbrowser. Wir zeigen Ihnen sechs Beispiele, wie Sie KI bereits in Ihrem Alltag nutzen, ohne es vielleicht zu wissen.
Persönliche Sprachassistenten
Die Kommunikation über persönliche Sprachassistenten wie Alexa, Siri oder Google Home hat in den vergangenen Jahren stark an Beliebtheit gewonnen. Nach einer Studie des Digital Transformation Institute von Capgemini nutzten 36 % der Deutschen im Jahr 2018 einen Sprachassistenten in ihrem Alltag. Derzeit liegt die meist genutzte Verwendung solcher Systeme im Bereich des Musikstreamings und in der Suche nach Informationen. Forscher gehen davon aus, dass zukünftig auch der Conversational Commerce, also der Kauf von Dienstleistungen und Produkten via Sprachassistent, an Bedeutung gewinnen wird.
Smart Home Anwendungen
Sprachassistenten können ebenfalls im sogenannten „Smart Home“ eingesetzt werden. In unseren eigenen vier Wänden lassen sich so mittels Sprachbefehl die Temperatur oder die Beleuchtung anpassen. Ebenso gehört die Steuerung sämtlicher vernetzter Haushaltsgeräte per Smartphone zum Alltag. Doch nicht nur per Sprachbefehl wird das eigene Zuhause smart gestaltet. Zukünftige Entwicklungen könnten auf Deep Learning Techniken zurückgreifen und so auf Basis des Nutzerverhaltens jegliche Programmierung selbst vornehmen, ohne dass der Bewohner etwas tun muss. Ein Beispiel hierfür existiert bereits: Das Google Nest Learning Thermostat ist aufgrund der Nutzungshistorie in der Lage, einen eigenen Heizplan zu erstellen.
Fahrzeugassistenten und Verkehrsoptimierung
Automobilhersteller statten ihre Fahrzeuge mit immer moderneren Assistenten wie Abstandsregelung, Einparkhilfe oder Notbremsfunktion aus, die das Fahren vereinfachen und sicherer machen sollen. Alexa & Co. haben im Fahrzeug mittlerweile auch Konkurrenz bekommen: Mercedes hat als erster Automobilhersteller mit MBUX einen eigenen Sprachassistenten eingeführt. Über die Begrüßungsworte „Hey Mercedes“ lassen sich diverse Funktionen, angefangen beim Radio über das Navigationssystem bis hin zur Klimaanlage und Sitzheizung, per Sprachsteuerung ausführen. Dass Mercedes auf KI-basierte Systeme setzt, zeigen sie bereits mit ihren vielfältigen Smartphone-Applikationen. Mit Mercedes Benz Guides bspw. kann der Fahrer der App direkt vom Steuer aus Fragen zu seinem Wagen stellen und erhält daraufhin automatisierte Antworten.
Mittels Künstlicher Intelligenz kann zudem eine Verkehrssteuerung und -optimierung herbeigeführt werden, wie die Stadt Hangzhou vormachte. An 128 Kreuzungen in der chinesischen Metropole wurde das System City Brain installiert, welches durch eine automatische Überwachung Verkehrsunfälle oder Staus meldet. Dies funktioniert, indem die durchschnittliche und die aktuelle Verkehrseffizienz verglichen und bei Überschreitung ein Alarm ausgelöst wird. Durch einen Konfigurationsmitarbeiter wird dann die Ampeldauer angepasst. Das System merkt sich diese Lösung und erkennt darin ein Muster. Seit Installation von City Brain kommen die Verkehrsteilnehmer durchschnittlich 15,3 % schneller an ihr Ziel.
Smartphone-Sperrung per Face ID
Damit niemand unerwünschten Zugriff auf das eigene Smartphone hat, kann dies mit einem Pin oder Muster gesichert werden. Mittlerweile kann man das Handy auch per Face ID, der sogenannten Gesichtserkennung, schützen. Dabei analysiert das Programm in Sekundenschnelle verschiedene Merkmale im Gesicht des Nutzers. Möchte dieser nun sein Handy entsperren, vergleicht das KI-System das gespeicherte Bild mit dem Neuen und gewährt dann bei Übereinstimmung der Merkmale Zugriff auf das Smartphone.
Auch Microsoft nutzt bei seinem Betriebssystem Windows 10 die Biometrische Authentifizierung Windows Hello. Um Zugang zum Rechner zu erhalten nutzt man statt eines Passwortes hier ebenfalls die Gesichtserkennung. Wie praktikabel und sicher diese Software ist, haben wir in unserem Blogpost erklärt.
Sprachübersetzung mit dem Google Translator
Wollte man vor einigen Jahren noch einen Satz bei Google Translate übersetzen lassen, war das Ergebnis oft fehlerhaft und ergab nur wenig Sinn. Das lag daran, dass der Satz von Google in einzelne Teile gegliedert und nur der jeweilige Teil übersetzt wurde. Im Herbst 2016 hat Google seinen Dienst auf ein neuronales Netz umgestellt. Das System analysiert aufgrund von LSTM-Neuronen (Long-Short-Term-Memory) nun erst den gesamten Satz, bevor es mit einer Übersetzung beginnt. Diese LSTMs sind in der Lage, Informationen aus vorherigen Datensätzen zu speichern und damit Wortteile sinnvoll zu interpretieren, sodass Satzbau und Sinn der Übersetzung seitdem deutlich verbessert wurden. Die Übersetzungssoftware kann zudem auf sinnvolle Weise zwischen Sprachen übersetzen, ohne dass dieser entsprechende Trainingsdaten vorliegen. Wie genau das funktioniert, erklärt Google in seinem Blogpost „Zero-Shot Translation with Googles Multilingual Neural Machine Translation System“.
Soziale Netzwerke und Streamingdienste
Dass ein soziales Netzwerk wie Facebook auf einem Algorithmus basiert ist kein Geheimnis. Dieser lernt aus dem Nutzerverhalten, welches sich wiederum aus den Klicks, Likes, geteilten Inhalten und Kommentaren zusammensetzt. Darauf basierend werden mögliche interessante Beiträge ganz oben in der Timeline angezeigt. Wie das KI-basierte Bildverarbeitungssystem von Facebook arbeitet, zeigte die zuletzt Anfang Juli aufgetretene Störung, bei der Bilder nicht geladen werden konnten. Diese wurden vom System durch Tags ersetzt, die dem eigentlichen Bild vom Bildverarbeitungsprogramm zugewiesen wurden. Statt eines grauen Kästchens ohne Inhalt, wurden an dieser Stelle in blauer Schrift Details zu dem Foto angezeigt. Dies konnte beispielsweise ein simples „Bild enthält: Auto“ sein.
Ein häufig diskutiertes Thema bei Facebook ist der Datenschutz. Fakt ist jedoch, dass auch die Künstliche Intelligenz des sozialen Netzwerks diese Nutzerinformationen benötigt, um sich individuell an den Nutzer anpassen zu können. Es gibt hierfür aber ein paar Einstellungsmöglichkeiten, mit denen man das eigene Profil besser schützen kann. Auch eine mögliche Datenübertragung an mit Facebook gekoppelten Drittanbietern (z. B. Spieleapps) lässt sich mit wenigen Klicks reduzieren.
Ähnlich wie der Facebook-Algorithmus funktionieren auch Musik- und Filmstreamingdienste. Dabei sammelt das System im Hintergrund Informationen über gesehene Filme, Serien oder den Musikgeschmack. Auf dieser Grundlage kann sich der Dienst andauernd neue Muster erschließen, wodurch dem Nutzer individuell zugeschnittene Empfehlungen und Playlists empfohlen werden können.
Fazit
Künstliche Intelligenz ist bereits auf vielfältige Art und Weise in unserem Alltag integriert, die uns das Leben erleichtert. Nutzen wir ein KI-System sind vor allem die Daten von Bedeutung. Je länger es Daten sammelt, desto besser und genauer kann sich die KI auf unsere persönlichen Bedürfnisse und individuellen Situationen einstellen. Zwar sollte genau darauf geachtet werden, welche Daten man der KI zuführt, damit sie sich nicht in eine unerwünschte Richtung entwickelt. Sicher ist aber auch, dass sie uns zukünftig begleiten und viele Lebensbereiche weiter verändern wird.
Lesen Sie im nächsten Teil, welchen Einfluss Künstliche Intelligenz auf die Arbeitswelt nehmen und wie sie insbesondere das Gesundheitswesen verändern wird.
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