Wir sprechen mit unserem Head of Customer Success Center und Microsoft MVP Thomas Pött über Veränderungen im IT-Sektor. Den zweiten Teil finden Sie hier.

 

Was auch angesichts des Fachkräftemangels wohl ein lohnender Ansatz ist.

Genau. Man nimmt das Minimal-Maximal-Prinzip als Ansatz. Also die Zielsetzung, dass wir mit dem geben Aufwand oder Personalstamm produktiver werden und einen höheren Output erreichen.

Dadurch muss sich ein IT-Systemhaus aber stärker an die Produzenten der Software und Hardware binden. Entsteht dadurch nicht ein Risiko?

Auf jeden Fall. Es wird immer mehr erforderlich, dass die Consultants die Technologien verstehen, die Technik aber nicht mehr in den Vordergrund stellen, sondern die Anwendbarkeit auf Businessprozesse herausstellen. Das Risiko heutzutage ist, dass Mitarbeiter unter Umständen an den Anforderungen des Business-Prozessconsulting scheitern. Das heißt, dass sie nicht das Verständnis aufbringen, wie Technologie Businessprozesse unterstützt und sie dadurch nicht die Kapazität oder Möglichkeit haben, in die höherwertigen Services einzusteigen.

Ich habe dafür ein schönes Beispiel: Während früher Telegramme von einem Reiter übermittelt wurden, und ich als Nachrichtenübermittler reiten können musste, musste ich irgendwann morsen können, ein Telefon bedienen, E-Mails schreiben und so weiter. Ich muss meine Komfortzone verlassen wollen und offener werden, um neue Vorgehensweisen sowie neues Verständnis für den Kunden und sein Potenzial mitzuentwickeln. Es wird Mitarbeiter geben, die womöglich auf der Strecke bleiben, weil ihnen Grundlagen im Verständnis für das Prozessmanagement fehlen.

Das ist aber eher ein internes Risiko. Wie sieht es denn mit dem externen Risiko aus? Ich binde mich an einen Hersteller und bei diesem entstehen Probleme, wie zum Beispiel Datenschutzlecks oder eine Software, die nicht in Ordnung ist. Wie kann ich solche Risiken abfedern?

Das ist eine ziemlich kritische Frage. Sollte einer dieser Hersteller dieses Problem wirklich haben, würde er unter Umständen daran sogar pleitegehen können. Wenn wir aber sehen, dass diese Hersteller aufgrund der Standardisierung sehr viel Marge realisieren, die sie in Sicherheit und Stabilität zurückinvestieren, dann haben sie auch verstanden, dass deren ganzes Businessmodell gefährdet ist, wenn wider Erwarten ein Sicherheitsrisiko auftritt. Dadurch ist einer der Kernprozesse dieser Anbieter, alles Menschenmögliche zu tun und große Summen Geld zu investieren, um Sicherheit zu gewährleisten. Aus meiner persönlichen Sicht ist das Risiko daher gering.

Wenn man sich vor Augen führt, dass Microsoft pro Jahr rund 1,5 Milliarden US-Dollar für Sicherheit aufbringt, ist in Summe damit viel mehr Geld in Sicherheit investiert, als es viele kleinere Einzelunternehmen tun könnten. Diese Sicherheit kommt allen zugute und daher ist die Chance, dass dieses Risiko eintritt, in einem minimalen Rahmen. Auch aufgrund der Ausfall- und Sicherungsmechanismen, ist ein Totalausfall unwahrscheinlich.

 

Nehmen wir an, viele IT-Unternehmen greifen die Argumentation auf und wandeln sich zu einem Channel-Partner. Besteht dann nicht die Gefahr, dass es zu einer Oligopolisierung des Marktes kommt, der am Ende nur von zwei bis drei großen Playern bestimmt wird?

Ja, das kann passieren, wobei es Innovationen gibt, da es ein Verdrängungswettbewerb ist. Aber es bietet auch wesentlich größere Möglichkeiten, in einem Nischensegment zu wachsen und individuelle neue Lösungen oder Technologien zu positionieren. Diese haben dann die gleiche Vielfalt, wie es sie im traditionellen IT-Business auch in der Vergangenheit gab. Genauso wird es auch in der cloudbasierten Welt sein. Es ist ein interessantes Thema. Man hat immer gesagt, dass Arbeitsplätze und Technologien verschwinden werden. Aber die Innovationen der letzten 100 Jahre haben kontinuierlich gezeigt, dass immer etwas Neues entstanden ist, wenn an einer anderen Stelle etwas verschwand.

Den nicht eingetretenen Wegfall von Arbeitsplätzen durch die Automatisierung könnte man aber auch damit begründen, dass gleichzeitig die Dienstleistungsbranche gewachsen ist und somit viele neue Arbeitsplätze entstanden. Bist du überzeugt, dass sich solche Möglichkeiten weiterhin ergeben werden?

Ja, die werden sich immer ergeben. Die Menschheit entwickelt sich weiter. Ich glaube, dass im Prinzip jeder Mensch das Potenzial hat, andere Arbeiten auszuführen. Wenn man überlegt, dass wir im Schnitt nur 40 Jahre arbeiten, dann ist das nicht wirklich viel. Es wäre etwas Anderes, wenn wir 100 oder 200 Jahre arbeiten müssten. Aber so ist es eine relativ kurze Zeitspanne im Leben, sodass hier immer wieder innovative Ideen nachkommen werden. Es gibt keinen Bereich, in dem man sagen würde, dass man das damals mit der Automatisierung der Industrie schon gehabt hätte. Früher haben hunderttausende Menschen nicht an Maschinen, sondern von Hand gearbeitet. Später kamen größere Maschinen hinzu, die hunderte bis tausende von Mitarbeitern ersetzt haben. Trotzdem gab es neue Beschäftigungsverhältnisse und das wird immer so bleiben. Ich glaube nicht, dass da ein Ende in Sicht ist. Das wäre sehr unrealistisch.

Um das zusammenzufassen: Es kann sein, dass es zu Oligopolen kommt, aber es eröffnet auch gleichzeitig Nischen für Unternehmen, um dieses Oligopol wieder aufzubrechen?

Absolut. So wird es passieren. Man sieht es auch an den großen Industriefirmen. Die große Firma Siemens, mit vielen Mitarbeitern und Geschäftsfeldern, wird immer kleiner, obwohl es eine der größten Marktmächte war. Genauso ist es zum Beispiel bei Mitsubishi oder ähnlichen Unternehmen. Es wird etwas absterben, aber es bilden sich andere Firmen, die in diesem oder einem neuen Tätigkeitsgebiet ansetzen. In zehn oder zwanzig Jahren wird es wieder Firmen in neuen Segmenten geben, die auch Microsoft, Google oder HP überholen werden.

 Der letzte der vier Teile über die Zukunft der IT-Firmen erscheint hier in einer Woche.

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